6-Stunden-Rennen von Silverstone 1976
Das 6-Stunden-Rennen von Silverstone 1976, auch The World Championship For Manufacturers 6 Hours, Silverstone, fand am 9. Mai auf dem Silverstone Circuit statt und war der fünfte Wertungslauf der Sportwagen-Weltmeisterschaft dieses Jahres.
Vor dem Rennen
Mit dem Rennen in Silverstone fand die Marken-Weltmeisterschaft 1976 ihre Fortsetzung. Zu Beginn der Saison war ein neues technisches und sportliches Reglement in Kraft getreten. Die Markenweltmeisterschaft wurde mit Produktionswagen der Gruppe 5 und parallel eine Sportwagen-Meisterschaft mit Sportwagen der Gruppe 6 ausgetragen. Für den GT-Motorsport war die Gruppe 4 ausgeschrieben worden. Die Meisterschaft begann im März mit dem 6-Stunden-Rennen auf dem Autodromo Internazionale del Mugello. Bereits beim ersten Lauf der Markenweltmeisterschaft kam es zum Wettkampf der beiden deutschen Hersteller Porsche und BMW, der mit dem Erfolg von Jochen Mass und Jacky Ickx im neuen Porsche 935 endete. Auch das 6-Stunden-Rennen von Vallelunga gewannen Mass und Ickx für Porsche.
Die folgenden beiden Wertungsläufe zählten zur Sportwagen-Meisterschaft. Auf dem Nürburgring siegte Reinhold Joest im Porsche 908/4 Turbo. In Monza gewannen Mass und Ickx im ebenfalls neuen Porsche 936.
Das Rennen
Teams, Fahrzeuge und Fahrer
Nach den Schwierigkeiten mit verschiedenen Privatteams beschloss der Vorstand der Porsche AG Ende 1975, künftig die Renneinsätze der Werkswagen wieder durch die hauseigene Rennabteilung abwickeln zu lassen. Nach Silverstone brachte das Team einen Porsche 935 für Jochen Mass und Jacky Ickx. Einen zweiten 935 meldete Porsche Kremer Racing für Hans Heyer und Bob Wollek.
Bei BMW in München hatte man die neuen Regeln extrem ausgelegt. Mittels Vierventiltechnik und Turboaufladung erzielte der 3,2-Liter-Sechszylindermotor des BMW 3.2 CSL Turbo eine Motorleistung, wie sie vorher nur vom Turbomotor des Porsche 917/10 erreicht wurde: bis zu 590 kW. Durch das dabei entstehende enorme Drehmoment wurde die Belastungsgrenze des Getrag-Fünfganggetriebes überschritten, auch konnte die Leistung kaum auf den Boden gebracht werden. BMW-Werksfahrer Ronnie Peterson erklärte nach dem ersten Training, dass bei 250 km/h auf der Geraden noch immer die Räder beim Beschleunigen durchdrehten. Das ließ beträchtlichen Reifenverschleiß für das Rennen befürchten. Peterson, der in der Formel 1 wegen eines heftigen Streits mit Colin Chapman Lotus nach dem Großen Preis von Brasilien verlassen hatte und zu March wechselte, teilte sich das Cockpit des Werks-BMW 3.2 CSL Turbo mit seinem Landsmann Gunnar Nilsson. Nilsson hatte 1975 die Britische Formel-3-Meisterschaft gewonnen und wurde Petersons Nachfolger bei Lotus[1]. Mit weit weniger Motorleistung als der Werkswagen mussten die drei privaten BMW 3.5 CSL auskommen. Den Hermetite-Wagen fuhren John Fitzpatrick und Tom Walkinshaw. Alpina meldete einen 3.5 CSL für Hughes de Fierlant und Harald Grohs sowie Schnitzer einen für Dieter Quester und Albrecht Krebs. Ein vierter 3.5 CSL, gemeldet von Jean-Claude Aubriet, verunfallte im Training.
Während der neue Gruppe-5-Chevrolet Camaro (Fahrer Reine Wisell und Stuart Graham) sein Renndebüt gab, wurde das erste Rennen des Lancia Stratos Turbo erneut verschoben. Lancia meldete zwar einen Wagen für Vittorio Brambilla und Carlo Facetti, erschien jedoch nicht zu Training und Rennen.
Der Rennverlauf
Schnellster im Qualifikationstraining war Jochen Mass im Porsche 935 mit einer Zeit von 1:26,850 Minuten und einem Schnitt von 195,590 km/h. Er war damit knapp eine Sekunde schneller als Ronnie Peterson im Werks-BMW, der eine Zeit von 1:27,930 Minuten fuhr. Diese beiden Teams dominierten auch die Anfangsphase des Rennens, bis sich beim BMW erste Auflösungserscheinungen an den Reifen bemerkbar machten. Wie erwartet war der Reifenverschleiß groß. Schon nach zehn Runden musste Peterson zum ersten Mal zum Wechseln die Boxen ansteuern. Nach nur 43 gefahrenen Runden stoppte ein Getriebeschaden den BMW. Auch beim Werks-Porsche 935 gab es Probleme mit dem Getriebe, die den Wagen zu einigen ungeplanten langen Aufenthalten an die Boxen zwangen. Am Ende wurden Mass und Ickx mit 51 Runden Rückstand auf den Sieger als Gesamtzehnte gewertet.
Das Rennen gewannen John Fitzpatrick und Tom Walkinshaw im BMW 3.5 CSL. Da Walkinshaw am selben Tag bei einem Rennen zur Britischen Tourenwagen-Meisterschaft in Thruxton startete und auf einem Ford Capri II 3.0 auch gewann[2], konnte er nur die erste Stunde im Auto sitzen. Die restliche Zeit musste John Fitzpatrick fahren, der gegen Ende des Rennens viele Überholversuche von Bob Wollek im Porsche 935 abwehren musste. Er siegte nach einer Fahrzeit von 6 Stunden mit einem Vorsprung von 1,1 Sekunden auf Wollek.
Ergebnisse
Schlussklassement
Pos. | Klasse | Nr. | Team | Fahrer | Fahrzeug | Runden | ||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1 | Gr. 5 | 4 | Vereinigtes Konigreich Hermetite BMW | Vereinigtes Konigreich John Fitzpatrick Vereinigtes Konigreich Tom Walkinshaw | BMW 3.5 CSL | 218 | ||
2 | Gr. 5 | 10 | Deutschland Porsche Kremer Racing | Frankreich Bob Wollek Deutschland Hans Heyer | Porsche 935 | 218 | ||
3 | Gr. 5 | 16 | Deutschland Egon Evertz | Finnland Leo Kinnunen Deutschland Egon Evertz | Porsche 934/5 | 216 | ||
4 | Gr. 5 | 3 | Deutschland Alpina | Belgien Hughes de Fierlant Deutschland Harald Grohs | BMW 3.5 CSL | 214 | ||
5 | GT | 25 | Deutschland Egon Evertz | Italien Lella Lombardi Deutschland Heinz Martin | Porsche 934 | 206 | ||
6 | Gr. 5 | 54 | Italien Jolly Club | Italien Martino Finotto Italien Umberto Grano | Ford Escort | 200 | ||
7 | GT | 31 | Schweden Kenneth Leim | Schweden Kurt Simonsen Schweden Kenneth Leim | Porsche Carrera RSR | 189 | ||
8 | Gr. 5 | 24 | Vereinigtes Konigreich Bob Neville | Vereinigtes Konigreich Derek Worthington Vereinigtes Konigreich Bob Neville | MGB GT V8 | 185 | ||
9 | T | 58 | Irland Tony Brennan | Irland Tony Brennan Irland Arthur Collier | Ford Escort RS2000 | 178 | ||
10 | Gr. 5 | 9 | Deutschland Martini Racing | Belgien Jacky Ickx Deutschland Jochen Mass | Porsche 935 | 167 | ||
Nicht klassiert | ||||||||
11 | T | 57 | Vereinigtes Konigreich Ken Coffey | Vereinigtes Konigreich Eric Mandron Vereinigtes Konigreich Ken Coffey | Ford Escort RS 2000 | 149 | ||
Ausgefallen | ||||||||
12 | Gr. 5 | 2 | Deutschland Schnitzer | Osterreich Dieter Quester Deutschland Albrecht Krebs | BMW 3.5 CSL | 160 | ||
13 | GT | 15 | Frankreich Louis Meznarie | Frankreich Hubert Striebig Frankreich Guy Chasseuil Frankreich Anne-Charlotte Verney | Porsche 934 | 90 | ||
14 | GT | 37 | Vereinigtes Konigreich John Cooper | Vereinigtes Konigreich John Cooper Vereinigtes Konigreich Nick Faure | Porsche Carrera RSR | 90 | ||
15 | T | 51 | Schweiz Toyota Switzerland | Liechtenstein Manfred Schurti Schweiz Walter Frey Schweiz Paul Keller | Toyota Celica | 83 | ||
16 | Gr. 5 | 22 | Vereinigtes Konigreich Zip-Up Racing Team | Schweden Reine Wisell Vereinigtes Konigreich Stuart Graham | Chevrolet Camaro | 64 | ||
17 | Gr. 5 | 1 | Deutschland BMW Motorsport GmbH | Schweden Ronnie Peterson Schweden Gunnar Nilsson | BMW 3.2 CSL Turbo | 43 | ||
Nicht gestartet | ||||||||
18 | T | 5 | Frankreich Jean-Claude Aubriet | Frankreich Jean-Claude Depince Frankreich Jean-Claude Aubriet | BMW 3.5 CSL | 1 | ||
19 | T | 41 | Vereinigtes Konigreich John Markey Racing | Vereinigtes Konigreich John Markey Vereinigtes Konigreich Wendy Markey | Mazda RX-3 | 2 | ||
20 | T | 56 | Irland Derek McMahon | Irland Alec Poole Irland Derek McMahon | Ford Escort RS 2000 | 3 |
1 Unfall im Training 2 Motorschaden im Training 3 nicht gestartet
Nur in der Meldeliste
Hier finden sich Teams, Fahrer und Fahrzeuge, die ursprünglich für das Rennen gemeldet waren, aber aus den unterschiedlichsten Gründen daran nicht teilnahmen.
Pos. | Klasse | Nr. | Team | Fahrer | Chassis |
---|---|---|---|---|---|
21 | Gr. 5 | Italien Lancia Corse | Italien Vittorio Brambilla Italien Carlo Facetti | Lancia Stratos Turbo | |
22 | GT | 11 | Deutschland Gelo Racing Team | Australien Tim Schenken | Porsche Carrera RSR |
23 | GT | 12 | Deutschland Gelo Racing Team | Niederlande Toine Hezemans Deutschland Clemens Schickentanz | Porsche Carrera RSR |
24 | GT | 14 | Schweiz Claude Haldi | Schweiz Claude Haldi Italien Arturo Merzario | Porsche Carrera RSR |
25 | GT | 32 | Deutschland Joest Racing | Deutschland Reinhold Joest Deutschland Jürgen Barth Deutschland Eckhard Schimpf | Porsche Carrera RSR |
26 | GT | 34 | Vereinigtes Konigreich Marshall Wingfield | Vereinigtes Konigreich Gerry Marshall Vereinigtes Konigreich Willie Green | Porsche Carrera RSR |
27 | T | 40 | Vereinigtes Konigreich John Markey Racing | Vereinigtes Konigreich Wendy Markey Vereinigtes Konigreich Georgie Shaw | Mazda RX-3 |
28 | Gr. 5 | 55 | Italien Martino Finotto | Schweiz Romeo Camathias | Ford Escort RS 2000 |
Klassensieger
Klasse | Fahrer | Fahrer | Fahrzeug | Platzierung im Gesamtklassement |
---|---|---|---|---|
Gr. 5 | Vereinigtes Konigreich John Fitzpatrick | Vereinigtes Konigreich Tom Walkinshaw | BMW 3.5 CSL | Gesamtsieg |
GT | Italien Lella Lombardi | Deutschland Heinz Martin | Porsche 934 | Rang 5 |
T | Irland Tony Brennan | Irland Arthur Collier | Ford Escort RS2000 | Rang 9 |
Renndaten
- Gemeldet: 28
- Gestartet: 17
- Gewertet: 10
- Rennklassen: 3
- Zuschauer: unbekannt
- Wetter am Renntag: schwül und heiß
- Streckenlänge: 4,719 km
- Fahrzeit des Siegerteams: 6:00:00,000 Stunden
- Gesamtrunden des Siegerteams: 218
- Gesamtdistanz des Siegerteams: 1024,879 km
- Siegerschnitt: 170,813 km/h
- Pole Position: Jochen Mass – Porsche 935 (#9) – 1:26,850 = 195,590 km/h
- Schnellste Rennrunde: Jacky Ickx – Porsche 935 (#9) – 1:28,190 = 192,618 km/h
- Rennserie: 5. Lauf zur Sportwagen-Weltmeisterschaft 1976
Literatur
- Peter Higham: The Guinness Guide to International Motor Racing. A complete Reference from Formula 1 to Touring Car. Guinness Publishing Ltd., London 1995, ISBN 0-85112-642-1.
Weblinks
- Rennbericht
- Rennergebnisse
Einzelnachweise
Vorgängerrennen 4-Stunden-Rennen von Monza 1976 | Sportwagen-Weltmeisterschaft | Nachfolgerennen 500-km-Rennen von Imola 1976 |